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Performance

 

BECOMING STRANGERS – Gruppenperformance 

Performance von seite.30: Joyce Schmiedel, Eva Wohlfarth, Marie-Luise Lange, Antje Dudek im Rahmes des „Act.Move.Perform. Performancesymposiums“ am 30.09.2017

„Becoming Strangers“ ist unsere erste weitestgehend choreografierte kollektive Performance. In der Entwicklung sorgfältig arrangierter Bilder akzentuiert „Becoming Strangers“ eine unserer bisherigen Arbeitsweisen in seite.30, die wir zuvor aber nur in Einzel- und Duo-Performances verfolgt hatten. Uns war es wichtig, dass wir ein gemeinsames Format finden, in dem jede von uns eigene Handlungspartituren  möglichst frei umsetzen kann. Wir entwickelten eine Komposition mit Momenten relativer Stille, in denen solistische Artikulationen Raum bekamen. „Becoming Strangers“ fokussiert daneben eine präzise Entwicklung von und Handlung mit Material, das wir größtenteils speziell für die Performance herstellten. 

Photo credits: Monika Deimling, Matthias Pick 

Ort: farbwerk e.V. im Zentralwerk Dresden | Dauer: 40 Minuten 

 

BECOMING STRANGERS – Collective Performance

Performance by seite.30 members Joyce Schmiedel, Eva Wohlfarth, Marie-Luise Lange & Antje Dudek //  at “ACT. MOVE. PERFORM. Performance Art and Performativity in Art, Education and Research“ performance symposium, Dresden, September 30, 2017

BECOMING STRANGERS is the first non-improvised collective performance by seite.30. By carefully arranging our enacted images, we followed one of the central directions of the collective, which had previously determined solo and duo works. Wishing for freedom in creating our individual images, we found a form of collaboration that allowed for solos during moments of silence and slow movements by the other performers on stage. BECOMING STRANGERS also focuses on the material in relation to the performing bodies. The aesthetics and narrative implications of materials and objects were central for our work, which is why we designed them specifically for the performance. 

Photo credits: Monika Deimling, Matthias Pick

venue: farbwerk e.V., Zentralwerk Dresden  | duration: 40 min

 

/// Unten: Reflexionen von Marie-Luise Lange, Antje Dudek & Eva Wohlfarth  | Below: Reflective drawings and writings by Marie-Luise Lange, Antje Dudek, Eva Wohlfarth ///

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Die Qualle sitzt im Raum 

Der Ziegel fällt

Ein wackelnder Würfel zittert durch den Raum

Zwei Stühle laufen auch

Rollendes blaues Licht verbindet und kehrt immer wieder

Ein Bein wird überdimensional und 

Steht im Fokus

Folie fließt wie Wasserfälle 

Überall tanzen kugeln durch den Raum

Bilder werden groß und klein verschoben

ein Baum wird dekonstruiert und findet einen anderen Ort 

Am Ende bleibt eine Spur in Blau

 

 

Accomplices_Performance_Flyer_DIN lang_front

PerformerInnen von seite.30 performen bei den Accomplices im Hole Of Fame.
In Plot II der Ausstellungsreihe Accomplices setzen sich die KomlizInnen mit Performance Art auseinander. 
KomplizInnen kommen in unterschiedlichen Konstellationen für einen Tag im Hole of Fame zusammen. Menschen aus Bildender Kunst, Theater, Kunstpädagogik, Tanz, Musik. Die Mission lautet: Ein gemeinsames Ereignis schaffen, das am Abend zur Aufführung kommt. Das Gemeinsame wird eine Verflechtung der einzelnen Instrumente, Interessen, Wurzeln. Gegenseitig geben wir uns während des performativen Experimentierens Impulse, um neue Möglichkeiten in der Performance zu erkunden. Improvisation ist unser Motor, Komplizenschaft unser Forschungsfeld und unser Arbeitsmodus. Was entsteht durch die Ereignisse und unsere Handlungen? Der Raum, in dem wir performen, verändert sich, trägt die Spuren der Aufführungen. Das Kamera-Auge verfolgt unsere Bewegungen. Die Produkte unserer Handlungen formen eine Ausstellung, die für drei weitere Wochen zu sehen sein wird.
Als Teaser findet ihr hier Videos einer ersten Probe-Session mit Thomas Bratzke, Benjamin Hermsdorf & Antje Dudek.
 
Text: Antje Dudek | Foto: Benjamin Hermsdorf

URBAN STORIES 2016 LESUNG Fotostreifen

Chorisch-performative Lesung // 26.5.16 im Hole of Fame // im Rahmen des “Projeto Brasil” von HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden

In einer knapp halbstündigen Performance stellten wir dem Hole of Fame Publikum einige unserer bereits an anderen Orten eingefangenen Urban Stories vor. Im Sinne einer chorischen Lesung deklamierte  jede/r von uns kürzere oder umfangreichere Teile aus unserem bereits vorhandenen Geschichtenrepertoire. Stimmlich wie inhaltlich aufeinander reagierend und mit der Lautstärke spielend erfüllten wir den Raum mit einem kakophonisch wirkenden Stimmengewirr, aus dem sich immer wieder einmal deutlicher vernehmbare und verständliche Textfragmente ihren Weg ins hörende Bewußtsein des Publikums bahnten. Und so versuchten wir unterstützt durch raumergreifende Bewegungen wie Gehen, Stehen, Lehnen und Hocken einen sinnlich und sinnhaft vielfältigen Geschichtenteppich zu knüpfen.

Text: Marie-Luise Lange | Fotos: Lisa Tostmann

URBAN STORIES 2016 SAMMLUNG Fotostreifen IUrban Stories // 26.5.16 im Hole of Fame // im Rahmen des “Projeto Brasil” von HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden

…. vier mit Schreibmaschinen bestückte Tische umgeben von Stühlen auf dem Bürgersteig vor dem Projektraum Hole of Fame einladend verteilt ….

begleitet von

…. Sonne, duftendem Kaffee, Plätzchen, Gummibärchen, gebackenen Blätterteigstückchen…

und dazu WIR,

die vollständige Mannschaft der Performancegruppe Seite.30 – frischgelaunt, tatendurstig, hochmotiviert, super vorbereitet – zur freundlichen Befragung der Dresdner Bürger und Bürgerinnen und ihren Gästen

Und wieder einmal galt unser Interesse der Frage:

Erzählt uns eine Geschichte aus Euerm Leben so alltäglich, absurd, unvertraut, geheimnisvoll, ungewöhnlich, amüsant, wahr, erfunden, seltsam und banal sie auch ist!

UND sie kamen, die Dresdner, die Mütter, die eigentlich überhaupt keine Zeit hatten, die neugierigen Jungens, die gern mal im Mittelpunkt stehen wollten, die Omis, die ihre Enkelkinder im Buggy vor sich her schoben, die Teenies, die endlich mal ihre Liebesgeschichte loswerden wollten. Unsere Schreibmaschinen hatten viel zu tun und so sammelten wir binnen 3 Stunden die stattliche Anzahl von 50 Geschichten ein.

Text: Marie-Luise Lange | Fotos: Lisa Tostmann

URBAN STORIES 2016 SAMMLUNG Fotostreifen II

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Annelie Möller & Lisa Tostmann: BINGO #2 (15 Min.)

Ein Ruine aus Backsteinen. Eine hohe Mauer ohne Dach aber mit Gras.

// A brick ruin. A tall wall, roofless, grass-covered.

Eine Person sitzt auf der Mauer, den Rücken dem Publikum zugewandt.

// A person sits on the wall, their back turned to the audience.

Eine weitere Person wird sichtbar: Sie liegt halb im Gras verborgen bäuchlings auf der Mauer.

// Another person appears, lying on their stomach hidden in the grass.

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Le Lof

Annelie Möller & Lisa Tostmann: Le Lof (180 Min.)

Ein kleiner Raum, die Frontseite verglast. Fünf weiße Ventilatoren im Halbkreis. Sieben weiße Rollen weißer Plastiktüten. Eine Schere. Eine Rolle Strick.

// A small room with a glass front. Five white fans forming a semi-circle. Seven rolls of white plastic bags. A pair of scissors. A roll of string. 

Eine Person betritt den Raum, kniet nieder, wartet.

// A person enters the room, kneels down, waits. 

Die Person steht auf, schaltet den ersten Ventilator ein.

// The person gets up, turns on the first fan. 

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22 mute encounters behind a shop window / by Antje Dudek 

Everyone is invited to join me for a game. The invitation outside the gallery window reads: “Choose an action & rip off the ticket. Join me (alone). Hand me the ticket. Do not speak. Let the performance begin.”

22 encounters, 22 living images are staged in the tiny illuminated room, fully visible through the window panes. Every ticket has a different name, such as Coco Loco, Where I End and You Begin or Fantasia II, and leads to a different poetic score handed to the participant.

>>> sample scores >>>

BOXCOUNT22_fürs Web_scores Eng

The participants decide Read More

P.A.S. #44, Performance Art Studies with BBB Johannes Deimling

:::starting for an adventure:::

seite.30 is traveling to Poznan, Poland, for an intensive workshop with performance artist and educator, BBB Johannes Deimling. We are looking forward to this unique possibility to work, live, perform together for five consecutive days, and especially to Johannes’ ideas and his program.

PAS #44

A public performance is planned for Sunday, December 13, in Poznan-based Galeria Raczej. Details to follow…

Galeria Raczej

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Knock Knock Fotostreifen A Knock Knock Fotostreifen

„Knock Knock“ fordert die Schaulustigen vor den verschlossenen Türen der Galerie auf, eine Aktion zu wählen, die dann von den beiden Performerinnen Katrin Schleifring und Antje Dudek hinter dem Schaufenster in die Tat umgesetzt wird. 

„Ay Caramba“ // „Dirty Dancing“ // „Piepsi“ // „Free Willi“ // „Megafun mit Bubblegum“ //…

35 verheißungsvolle, trashige Titel bezeichnen die Aktionen, die sich auf dem Spielfeld für die Performance finden. Viele Begriffe entstammen der Popkultur der 90er, andere wecken mehrdeutige Assoziationen. Der Besucher notiert den Aktionstitel seiner Wahl auf der Galerietür. Die Performerinnen eilen zu ihrem Materialfundus. Die Aktion beginnt.

Humor, kindliche Spielfreude, Um-Die-Ecke-Denken verbinden die Aktionen, die sich hinter den  Namenshülsen verbergen. Wir lassen uns selbst beim Performen überraschen – von widerständigen Materialien und von spontanen Einfällen, durch die wir unsere vorher skizzierten Handlungspartituren variieren.

Die Fensterscheibe wird zum Interface, das Publikum und Performerinnen trennt und gleichzeitig die unbefangene Kommunikation miteinander erleichtert. Das Ereignis entfaltet sein Eigenleben: wir erleben gemeinsames Staunen und geteilten Überschwang. Stundenlang verharren Interessierte vor dem Schaufenster; berichten einander von bereits gelaufenen Aktionen oder beratschlagen was als Nächstes geschehen soll. Passanten entdecken das unerwartete Kunstevent und halten auf ihrem Weg inne. Neun Stunden später, nachdem alle Aktionsfelder „aufgebraucht“ sind, betten wir uns auf der Matratze im Schaufenster zur Nachruhe.

Autorin: Antje Dudek //  Fotografin: Sara Siegmund

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Wir 5 Frauen waren gut vorbereitet, ausgeschlafen, mit Taschen und Koffern voller zauberhafter Materialien ausgerüstet …. neugierig, etwas aufgeregt, erwartungsfroh.

Jede von uns geht einzeln ins Spielfeld. Nacheinander, immer etwas Zeit lassend. Tastend, sich einen Ort suchend, sich im Feld bewegend, sich platzierend. Erste intensive Beschäftigung mit uns selbst, dem Raum und dem Material… noch ist die Spielfläche leer, nur gefüllt mit farbigen Bonbons, Weckgläsern, einem Schirm, Post its.

… die Anfangsstunden des nächtlichen Tuns vergehen mit Experimenten, Materialerprobungen, ersten Annäherungen an die Mitakteurinnen. Viel schneller als erwartet füllen sich Raum und Wände. Erde kommt ins Spiel, der Klang von Sektgläsern erfüllt den Raum, Möhren gehen eine Ehe mit Schaschlikstäbchen ein, Kartoffeln über Kartoffeln werden geschält und bekommen eine skulpturale Form, Eier werden einem Diplomatenkoffer entnommen, eine Leiter wird gerückt, beklebt, bestiegen, gelegt, gezogen, gestoßen…. wird Aussichtsturm und Ruhepunkt. Dazwischen immer wieder Ruhe im Korb, halsüberkopf laufend eine halbe Figur im Feld oder in der Ecke stehend. In der ersten Nacht, in der einsamen Dunkelheit oft geschäftiges Tun neben Stillstand, leisem Erproben, warten, schauen, sitzen, ruhen – und immer wieder die Extrasession im kleinen schwarzen Schaufenster. Nah den neugierigen Blicken der erschrocken oder belustigt aufblickenden Passanten.

Mit dem anbrechenden Tag und den morgendlichen Zuschauern steigen unsere Energien. Der Tag bringt Kraft und Erfindungslust, Spiellaune und ein gehöriges Quentchen Übermut. Die Bodenfläche füllt sich rasant. Ein überbordendes Meer aus Plastikröllchen, Papierfetzen, weißen Tüten, Gläsern, Zuckerwürfeln und Möhren formt sich zu endzeitlichen Landschaften. Über sie hätten sich die surrealen Künstlerväter gefreut. Geschriebene Begriffe kämpfen sich jenseits semantischer Tiefgänge seriell an Oberflächen und lassen die inneren Stimmen lachen. Geballte Interaktionen zwischen den Akteurinnen zu zweit und zu dritt beleben den Raum und entfalten dynamische Szenerien. Weisse Händebündel geistern durch den Raum und dienen mal als Kopfschmuck, mal als Zauberwerkzeug. Immer wieder geht der Handlungstrend nach oben, auf die Heizung, zehenspitzenstehend, auf die Fensterbänke im Rücken des Raumes. Erhöhtes Sehen zwischen Wachsamkeit und Rückzug, pointierter Geschäftigkeit und erstarrter Pose. Stille. Einsicht und Übersicht und Aussicht. Konzentriertes Nicht-Da-Sein und dennoch sichtbar.

Immer wieder zieht es eine von uns in den schwarzen Kasten, sichtbar zu werden, die Strasse an sich zu binden, sich zu präsentieren oder gerade der Präsentation zu entgehen…

Im Hochgefühl des Machens und Erfindens füllt sich das Feld, kaum noch Platz zum Treten, Landschaft an Landschaft von barocker Vielfalt, kleine Welten, die um gegenseitige Aufmerksamkeit streiten. Farben treten heraus, bestimmen das Bild – ein orangener Eimer, eine wilde grüne Luftmatratze, ein Trichter, eine bunter Lackfarbenteller. Die Spielfläche – ein Feld der Möglichkeiten aber auch der kleinen Materialtode. Gurken versinken, Eier zerlaufen,

Jäh räumen wir auf. Die erste Schlacht ist geschlagen, nichts geht mehr.

Wir fangen in der Mitte der Zeit fast wieder vom Nullpunkt an. Leere. Ein Raum für Ideen öffnet sich. Zeit für neue Aktionen, erst minimal dann schnell, barock auch wild. Mit der Leere kommt eine zweite Chance. Der Versuch minimaler Aktionen. Leiser als vorher.

Doch (zu) schnell steigern sich wieder die Tempi. Die vielen Aktionen teilen den Raum, in ein vorn und ein hinten, ein oben und ein unten. Köpfe werden zur performativen Bühne, auf der Pflanzen und Türme wachsen.

Mit der Dunkelheit kommen die Gäste. Sie bringen Aufmerksamkeit und geben uns Energie. Jede Handlung wird bewusster, wohl auch lauter vollzogen. Die Spiellust steigt, die körperlichen Dialoge fordern uns heraus, lassen uns vibrieren… ein Pusten und Drehen, ein Stehen und Gehen, ein Suchen und Geben steht im Raum. Wo das Serielle entsteht, sich Ordnungen andeuten, flüstert die Geisteslust, zu zerstören.

Spürbares Ende naht. Das Publikum wird unruhig. Wir arbeiten auf den Höhepunkt hin. Stehen, sich drehen, tragen, sitzen. Posen und Positionierungen arbeiten auf das Ende hin, welches dann plötzlich eintritt.

Kurze Ruhe – dann brausender Beifall. Wir sind glücklich und fühlen uns wie aus der Bahn geworfen – erlöst, aber auch mit dem Mangel des Draußenseins, des Endes, des baldigen Alleinseins behaftet.

Autorin: Marie-Luise Lange